"Standardisierte Ortsnamen" - Sinn und Unsinn
Grüß Gott,
nachdem ich schon vor der offiziellen Einführung der Community meine Vorschläge zu den Ortsangaben in FamilySearch (FS) gemacht habe und diese dann im Jahr 2021 wiederholt habe, möchte ich ein kleines Resümee anschließen.
Tatsächlich tauchen jetzt bei der Festlegung des Ortes durch einen Eingeber mehrere Ortsangaben mit "Zeitintervallen" auf. Ob das eine echte Wirkung z. B. bei der Suche nach Vorfahren hat, kann ich nicht beurteilen. Handelt es sich wirklich um eine historisch richtige Zuordnung oder nur die Tarnung eines Einheitsnamens nach außen (ich nenne es einmal Camouflage)?
Wirft man einen Blick auf die Empfehlungen
"Wie schlage ich einen neuen Ort für FamilySearch Places vor"
Was fehlt mir?
- Die Angabe zum Zeitbereich für den man den neuen/geänderten Ort eingibt.
- Die Möglichkeit, die in den "Tipps" vorgeschlagenen Ergänzungsinformationen abzurufen.
- Wo finde ich beispielsweise die Koordinaten, die (vielen) URLs zum Ort?
Hier ein Beispiel bei dem sich ein Ort innerhalb eines Jahres doch ziemliche von der Geschichte in die Neuzeit "wandelt".
Gut, die Änderungsdaten zeigen, dass es sich um Altlasten aus 2012 handelt, die noch nicht bearbeitet wurden? Aber ist die die moderne Variante besser, wenn sie den heutigen Zustand repräsentiert?
Richtig wären zwei Angaben pro Ort:
- historische Einordnung (hierzu habe ich bereits einen konkreten Lösungsvorschlag eingereicht)
- heutiger Zustand (ist der wirklich für die Einordnung des Ereignisses wichtig?)
Was verstehe ich nun unter der "Tarnung" von Standardisierten Ortsnamen? Nehmen wir dazu den historischen Ortsnamen:
Aha, die Präsentation "Geburtsort" hat historisch wenig mit dem historischen (internen) "Standort" gemein. Auch könnte man nun trefflich über die weiteren Begriffe streiten.
- Wann war Böhmen ein Königreich?
- Wann ein Kronland?
- Wie ist es mit Austria oder heißt es Österreich?
- Ist die Verwaltungshierarchie richtig?
Schauen wir nun auf den Todesort mit dem Änderungsstand 2020
Das widerlegt möglicherweise meine Tarnungstheorie, da nun ein weiterer "Standort" auftaucht, der sich vom obigen deutlich unterscheidet, aber ebenfalls kein Gültigkeitsintervall enthält. Welche Verwaltungshierarchie wird hier dargestellt?
Lange Rede, kurzer Sinn:
FS verfolgt leider weiter die falsche Strategie.
Herzliche Grüße HJS
Kommentare
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Grüß Gott,
FamilySearch hat sich bewegt, aber in die falsche Richtung. Daher zum Abschluss dieses Themas noch einige Anmerkungen, die sich auf relativ "modernen" Informationen stützen.
Meine Philosophie ist: Eine Datenbankanwendung muss die schlimmsten Fehler der Benutzer verhindern. Und natürlich gilt weiterhin das Gegenargument: Das muss doch jeder sehen.
Offensichtlich sieht das nicht der/die "Jeder". Schauen wir uns dazu eine Familie wie die Stefls an und blättern durch die Kinder, z. B. (und Folgende)
https://www.familysearch.org/tree/person/details/LDPK-3HX
https://www.familysearch.org/tree/person/details/LDPK-QMY
Leider wird der Screenshot abgelehnt mit "Permission Problem", obwohl ein solcher hier sinnvoll zum Verständnis wäre.
Schon beim Wenzel (Vaclav) fallen die unterschiedlichen Geburts- und Sterbeorte auf. Beide sind aber zum Glück mit Quellenangaben zu Primärquellen hinterlegt. Hier aus gegebenem Anlass meine Definition zu den Begriffen:
Primärquelle = Quelle (Original und/oder Scan), bei der nicht zu erwarten ist, dass es ein genaueres, zeitlich näher am Ereignis liegendes Artefakt gibt (z. B. ein "Schuhkarton" des Pfarrers mit Notizen für den Kirchenbuchschreiber). Auch diese Quelle kann schon eine Interpretation sein (Nationalität des Pfarrers, des Schreibers).
Sekundärquelle = Abschrift aus einer Primärquelle. Somit ist bereits eine Geburtsurkunde ein Grenzfall.
Tertiärquelle = Abschrift einer Abschrift, oft ohne Angabe der Primärquelle, wie wir sie hier allenthalben finden, z. B. die Abschrift aus MyHeritage, Ancestry, GENi usw.
Zurück zum Thema: Der Wenzel ist also nach Australien, genauer West-Australien, ausgewandert, obwohl der Todeseintrag in Wobora|Wobern|Obora zu finden ist:
Bisher habe ich diesen Ort noch nicht in Australia finden können. Dafür gibt es aber viele Treffer bei der Suche nach Obora z. B. bei openstreetmap. Diese Ortsangabe folgt auch später noch bei anderen Kindern.
Jetzt kommt aber ein neuer Verdacht in mir hoch: Stimmt denn wenigstens der "standardisierte" Geburtsort. Dort wird zwar "Obora, Bohemia" angezeigt, aber intern mit "Wobern, Daubna, Böhmen, Österreich" verknüpft, also einem Ort der ziemlich weit weg liegt. Falsche Übersetzung: Österreich = Australia?? Merkwürdigkeiten an allen Stellen.
Beim nächsten Kind Franz ändert sich innerhalb weniger Tage der Ort (beim Vergleich der Texte). Wobei der "Umzug" nach Kaznau| Gassnau (Kaznějo) wohl eher eine falsche Einsortierung in das nach Orten getrennten Kirchenbuch ist, da die Konskriptionsnummer wie bei den anderen davor und dahinter Kindern immer noch die 19 ist. Die Eltern sind nicht wirklich umgezogen.
Aber auch der Franz ist nach Australien ausgewandert und stirbt dort.
Natürlich handelt es sich bei Wobora (Obora) immer um denselben Ort mit seinem (ehemaligen) deutschen und seinem tschechischen Namen. Sind das in FS zwei verschiedene Orte? Was ist denn dann ein "Standardisierter Ort"? Muss er nicht immer der gleiche sein, wenn er schon "standardisiert" ist? "Gleich" auch im Sinne von unterschiedlichen Betrachtungswinkel, also auch umschaltbar auf unterschiedliche Bezeichnungen im Laufe seiner Geschichte. Aber, das ist wichtig, historisch einigermaßen exakt, d. h., mit Angabe des zeitlichen Gültigkeitsintervalls. Was ist an einem "Ort" eigentlich unveränderlich (invariant)? Schließlich sprechen wir von Immobilien!
FS scheut sich sowohl beim Datum als auch bei den Ortsnamen vor einer Vereinheitlichung (Standardisierung?).
Blättern wir durch die anderen Kinder der Familie, dann finden wir noch weitere Orts-Varianten. Hervorzuheben ist dabei die (namenlose, ungetaufte?) Totgeburt von 1861
https://www.familysearch.org/tree/person/details/GC9F-PQQ
Aha, ein Export aus einem Familienstammbaum (Genealogie) = GEDCOM. "Obora, West Bohemia, Czech Republic house 19" Das sieht wie Australien aus, aber diesmal mit Hausangabe
Jetzt gibt es wieder einen neuen Standardort: Obora, Jičín, Tschechien. "Tschechien??" gibt es (wie die Verwaltungshierarchie) doch erst ab 1993.
Vielleicht sollte ich doch noch einmal die Eingabeempfehlungen "Was ist das?" lesen. Aha, die Standardisierten Orte werden vorgeschlagen und geprüft.
Eine Ortsangabe in FamilySearch bezieht sich auf einen Ort, der für die gesamte Gemeinschaft relevant ist. Die Adresse des Wohnplatzes einer Person, zum Beispiel, ist zu spezifisch für die Standardisierung.
Warum schreiben dann so viele Forscher (nicht nur in FS) die Haus-/Konskriptionsnummer hinzu? Weil man in vielen Orten die Familien nur so unterscheiden kann.
Das soll reichen.
mfg Hans-Jürgen (Scheibl)
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